Anfang dieses Jahres haben die Tschechen die europäische Ratspräsidentschaft übernommen. Ihre allseits bekannte Hauptstadt Prag ist zudem Sitz der ältesten Deutschen Universität. Was zunächst wie ein Kuriosum erscheint, ist bei näherem Hinsehen nur zwangsläufiges Ergebnis einer über 1000-jährigen gemeinsamen Geschichte, welche erst mit dem sog. 1000-jährigen Reich ihr unrühmliches Ende fand.
AH Werner Endriss will mit seinem bebilderten Vortrag einige dieser deutschen Spuren aufzeigen. Dabei ist es egal, welchen Teil des alten Prags man aufsucht, man findet sie überall. So auch das Bauwerk, welches die zwei wichtigsten Stadtteile verbindet: die Karlsbrücke zwischen Kleinseite und Altstadt ist von einem Deutschen erbaut.
Im Auftrag Kaiser Karls IV. erbaute Peter Parler nicht nur die Brücke, sondern auch den Veitsdom. Der Brückenheilige Nepomuk war deutscher Pfarrer von deutschen Einwanderern, und im Veitsdom liegen mehrere Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation begraben.
Auch der Feldherr, welcher im 30-jährigen Krieg die berühmte Schlacht
in Franken führte, hatte hier sein Palais – nur leider
heißt er nicht Wallenstein, sondern Waldstein. Die riesige Anlage auf der
Kleinseite unterhalb der Burg ist vollständig erhalten.
Leider völlig in Vergessenheit geraten ist die Rolle, welche Prag in
Mozarts Leben einst spielte: Ende des 18. Jahrhunderts fand die
Uraufführung der Mozartoper Don Giovanni in Prag und nicht
in Wien statt – was die Wiener natürlich sehr ärgerte und
was Mozart auch beabsichtigt hatte.
Obwohl ihn das bürgerliche Publikum in
Prag mehr schätzte als das der Donaumetropole, konnte er sich nie
entschließen, an die Moldau zu ziehen – obwohl er in Prag
einfluss- und vermögensreiche Gönner hatte. Im Landgut der Familie
Duschek, wo Mozart oft weilte, ist heute ein Museum für ihn.
Ein weiterer Musiker, welcher Deutsche und Tschechen miteinander verbindet, ist
Friedrich Smetana. Der Deutschböhme änderte im Laufe seines Lebens
seinen Vornamen in Bedřich und bekannte sich zum Tschechentum. Das Museum
für ihn steht in der Nähe der Karlsbrücke am Moldauufer der
Altstadt.
Die Straße, in der Jan Neruda geboren wurde, trägt heute seinen
Namen. Früher wohnten in der Nerudagasse, welche vom Lichtenstein- zum
Schwarzenbergpalais führt, fast nur Deutsche. Neruda selbst war
hauptberuflich Deutschlehrer an einer deutschen Schule, als Schüler
besuchte er das deutsche Gymnasium auf der Kleinseite.
Der letzte Todesstoß für die DDR erfolgte in der Deutschen Botschaft
Prag, als im September 1989 über 5000 DDR-Flüchtlinge sich auf das
Gelände retteten und so ihre Ausreise erzwangen. Eine Skulptur des
umstrittenen Künstlers Cerny im Botschaftspark erinnert heute an
das geschichtliche Ereignis.
Das Dokumentationhaus zum Umweltschutz der deutschen
Heinrich-Böll-Stiftung ist dem Dissidenten Milan Horacek zu verdanken,
der 1969 im Prager Frühling in die BRD floh, dort Gründungsmitglied
der Grünen wurde und schließlich 1990 wieder in seine Heimat
zurückkehrte, um dort eine tschechische Umweltpartei zu gründen.
Jüngste deutsche Spur in Prag ist jedoch Bbr. Dr. Helmut Lang, der an der Karlsuniversität zu Prag promovierte, sich dort habilitierte und heute noch Vorlesungen in deutscher Sprache hält.