Ascaniade 2005 bei den Blauen Sängern

Am 18./19. Juni 2005 nahm unser Rue-du-Bonheur-Streichquartett erfolgreich an der Ascaniade teil, die dieses mal bei den Blauen Sängern in Göttingen ausgetragen wurde. Wie erfolgreich und was die „Konkurrenten“ dem geneigten Zuhörer an musikalischen Genüssen boten, findet Ihr unten.

Die Ascaniade ist ein „Wettbewerb“ für Amateur-Musikgruppen, in denen mindestens 1 aktiver oder philistrierter SVer mitspielen muss. Auch wird ein – nicht zu unterschätzender – Preis der AMV Ascania Halle-Clausthal für diesen Kammermusikwettbewerb ausgelobt. Weitere Informationen zu diesem formidablen Ereignis findet man unter www.amv-ascania.de.

Ach ja, bleibt auf jeden Fall zu erwähnen, dass die nächste Ascaniade schon 2006 – wieder in Göttingen – stattfinden wird. Wir drücken jetzt schon allen Künstlern die Daumen!

Wir danken der AMV Ascania Halle-Clausthal und besonders dem Autor Alexander Christ (CLZ), mit deren freundlicher Genehmigung wir diesen Artikel ins Internet setzen durften.

Ralf Engelbrecht (ER) (SV- und Pressewart)

Klein aber fein: Ascaniade 2005

Neugierig und gespannt machte ich mich Mitte Juli mit Frau und Tochter auf den Weg zur Ascaniade nach Göttingen. Im letzten Jahr hatte es in Marburg einen schönen ersten Wettbewerb gegeben, dieses Jahr sollte es nun in den Norden der Republik gehen.

Drei Ensembles völlig unterschiedlicher Gattung hatten sich angemeldet. Da war zum einen das „Duo Klinker“. Werke für Blockflöte und Gitarre von Johann Sebastian Bach und einem gewissen Ernst Krähmer standen auf dem Programm. Bei der Preisverleihung lernte ich dann zu meiner Beruhigung, dass man sich nicht schämen muss, wenn man den Namen Krähmer noch nie zuvor gehört hatte. Leider schweigen sich auch meine diversen Musiklexika über diesen Komponisten aus. Weiter angemeldet hatten sich ein Gesangsduo aus Berlin und ein Streichquartett aus Erlangen mit Werken von Puccini, Mozart, Strauss, Beethoven und Dvořák. Hier wenigstens kannte ich alle Namen der Komponisten.

Bei schönstem Sonnenschein betraten wir morgens um 10 Uhr das herrliche Verbindungshaus der Blauen Sänger in Göttingen. Alles war vorbereitet und es herrschte eine wunderbar gespannte, erwartungsvolle Atmosphäre. Der Wettbewerb wurde diesmal öffentlich im großen Saal des Verbindungshauses ausgetragen und startete mit dem Duo für Gitarre und Blockflöte.

Ich kann es nicht bestreiten: Ich hatte Vorurteile. Blockflöten kennt man meist nur von der Musikschule – und dann auch noch mit Gitarrenbegleitung ...? Aber schon nach wenigen Takten musste ich überrascht zugeben, dass das hier wunderbare Barockmusik auf extrem hohem Niveau war. Die Gitarrenbegleitung war ideal. Leicht und präzise musizierte sie zusammen mit der souverän gespielten Flöte – das Zuhören war eine Freude! Schon bei dieser ersten Gruppe war deutlich zu hören, dass hier echte Kammermusik vorgetragen wurde. Nicht ein großartiger Solist hat sich hier einen Begleiter gesucht, sondern hier spielte ein Ensemble, dem es auf das gemeinsame Musizieren ankam.

Dann ein Cut: Bühne frei für Gesang und Klavier. Joachim Hack aus Berlin sang souverän und überzeugend drei nicht leichte Lieder von Richard Strauss, den „Morgen“, „Die Nacht“ und „Zuneigung“. Ich kannte die Lieder gut, und immer riefen sie bei mir diese leichte Beklemmung und Ergriffenheit hervor. Nun hörte ich sie zum ersten Mal live und Joachim, der ganz hervorragend und einfühlsam von Arno Lücker am Klavier begleitet wurde, hatte keinerlei Probleme, dieselben Gefühle in mir zu wecken. Es folgten noch Werke von Mozart, Donizetti und Puccini, die wunderschön interpretiert und vorgetragen wurden. Den Strauss aber konnten sie für mich nicht toppen.

Den Abschluss bildete eine ganz klassische Gattung der Kammermuik: das Streichquartett. Selber Cellist in meinen aktiven Zeiten, wurde ich schon nach wenigen Takten neidisch. So eine Gruppe hätte ich damals auch gerne gehabt. Beethovens op. 18, Nr. 4 gehört ja nun wahrlich nicht zu den leichtesten Werken für diese Musikbesetzung. Was die vier Erlanger hier boten, konnte jedoch voll überzeugen: ein professioneller Dynamikumfang, kaum Intonationsprobleme. Und als Krönung eine ausgefeilte Interpretation, die manches Profiquartett vermissen lässt. Übergänge wurden schön herausgearbeitet, die Brüche, die in dem Werk nun einmal vorhanden sind, nicht kaschiert, sondern mutig hervorgehoben. Eine mehr als gelungene Leistung. Als zweites Werk bekamen wir Dvořák Op. 96 („Das Amerikanische“) zu hören. Auch hier über­zeug­ten die vier jungen Musiker durch ihr schönes und ausgewogenes Zusammenspiel!

War ich froh, dass ich nicht zu denen gehörte, die eine Entscheidung fällen mussten! Die Jury – bestehend aus dem ehemaligen langjährigen SV-Musikwart Prof. Günther Katzenberger, dem gegenwärtigen SV-Orchsterwart Markus Meier und dem Vertreter der AMV Ascania, Wolfgang Leliveldt – hatte eine verdammt schwere Aufgabe zu meistern. Wer war hier der Beste? Voller Spannung warteten wir auf das Ende der Beratungen, und mussten erfahren, dass die Bekanntgabe der Preise erst am nächsten Morgen während des Abschlusskonzertes erfolgen sollte.

Dass das Warten nicht gar zu lang wurde, dafür sorgten die Stadtführung von Vbsch. Conny Klüting durch das sommerliche Göttingen und die Kneipe am Abend. Vertreter von über zehn SV-Verbindungen waren versammelt zu einer lustigen und geselligen Veranstaltung bis früh in den Morgen. Sogar das aktive SV-Präsidium hatte den Weg nach Göttingen auf sich genommen und unser SV-x Frank Titze bescherte uns mit seinem Zapfen einen lustigen und wortgewaltigen Abend.

Am Sonntagmorgen sollte zum Preisträgerkonzert endlich das Geheimnis um die Juryentscheidung gelüftet werden. Aber erst musste gefrühstückt werden: Die Göttinger verwöhnten uns mit einem großzügigen Brunch auf der sonnigen Terrasse. Einige Vbr. waren extra für diese Veranstaltung angereist. Unsere treue Seele Jürgen Friesland mit seinen über 90 Jahren als Alter Herr sowohl der Blauen Sänger als auch der Ascanen war der Ehrengast des Tages. Das herrliche sonnige Wetter bereitete jedoch auch dem ein oder anderen Probleme. Das viele grelle Licht nach all dem Bier war nicht für alle die reinste Freude. Im Saal jedoch war es angenehm kühl, und wir versammelten uns in freudiger Erwartung.

Nun wurde es spannend, wer bekam den ersten Preis? Ich persönlich hatte ja meinen klaren Favoriten. Aber es waren drei Preise zu vergeben. Wie hat die Jury wohl entschieden? Zunächst einmal verstanden es jedoch die Organisatoren prächtig, die Spannung noch weiter zu steigern. Nette, gut gewählte einführende Worte unseres AHV-Vorsitzenden Tilmann Kluge über die Geschichte der Ascaniade, dass er sich freue, dass wir ein solch hohes Niveau erreicht haben, und dass er sicher sei, dass wir mit der diesjährigen Ascaniade einen weiteren großen Schritt in Richtung einer festen Musikinstitution im SV vorangekommen sind. Stimmt ja alles, nur wer hat denn nun gewonnen?

Schwer sei es ihnen gefallen, so Wolfgang Leliveldt als Vertreter der Jury. Aber der mit 1500 Euro dotierte erste Preis ging einstimmig an das Quartett aus Erlangen für seine Interpretation von Beethoven und Dvořák. Großer Jubel bei den Musikern, großer Applaus aus dem Publikum. (Ja! Mein Favorit hatte gewonnen.) Zwischen den beiden anderen Gruppen konnte sich auch die professionelle Jury nicht entscheiden. Zu verschieden waren die Darbietungen und zu gleich die Leistungen. Es gab daher in diesem Jahr zwei zweite Preise, jeder mit 750 Euro dotiert.

Zum krönenden Abschluss dieser rundum schönen Veranstaltung gab nun noch einmal jedes der teilnehmenden Ensembles eine Auswahl ihres Wettbewerbprogramms zum Besten. Und wieder war es eine große Freude zu hören, auf welch hohem Niveau sich Laienmusiker bewegen können. Eines ist sicher: Wir werden auch im nächsten Jahr wieder zur Ascaniade nach Göttingen kommen. Und jedem, der Spaß an guter Kammermusik hat, dem kann ich nur empfehlen, sich dann ebenfalls auf den Weg zu machen und diesen Wettbewerb anzuhören. Oder vielleicht schaffe ich es ja auch, mein Cello wieder aus der Versenkung zu holen und im nächsten Jahr sogar mitzuspielen. Lohnen würde es sich auf jeden Fall!

Alexander Christ (CLZ)