„20 Jahre Mauerfall“

Dr. Günther Beckstein beim Vortrag bei der AMV Fridericiana Erlangen; Bild von Christoph M.

Ein Jahr vor den großen Veränderungen in der DDR im Spätsommer und Herbst 1989 war es in Bayern zu einer tiefen politischen Zäsur gekommen: Ministerpräsident Franz Josef Strauß war am 3. Oktober 1988 völlig überraschend im Amt verstorben. Es beerbte ihn sein Finanzminister Max Streibl, der Edmund Stoiber zu seinem Innenminister machte. Neuer Staatssekretär des Innern wurde der Nürnberger Günther Beckstein.

In der Sowjetunion wirkte bereits seit 1985 Michail Gorbatschow entscheidend als Wegbereiter für Reformen im Ostblock. Mit seinen Forderungen nach Glasnost und Perestroika, nach Transparenz und Umgestaltung also, leitete er allem Widerstand zum Trotz eine neue Ära in der Sowjetunion ein. Der Wucht, die diese Politik mit sich brachte, konnte sich schließlich auch die nahezu bankrotte DDR nicht mehr entziehen. Eine Lawine kam ins Rollen: Am 19. August flohen bei einem Treffen der Paneuropa-Union die ersten DDR-Bürger zu Fuß nach Ungarn und gelangten über Österreich nach Bayern. Wenige Wochen später, am 11. September, öffnete Ungarn seine Grenze für DDR-Bürger – die jetzt die Grenzen nach Bayern auch mit ihrem Trabant passieren konnten. Am 30. September schließlich verkündete Außenminister Hans-Dietrich Genscher den 5.500 Botschaftsflüchtlingen im Prager Palais Lobkowitz die Erlaubnis zur Ausreise.

Waldsteinpalais in Prag

Auch für diese Menschen spielte Bayern eine Schlüsselrolle: Ihre Ankunft im Westen fand statt im oberfränkischen Hof. Im Oktober endlich wagte es die DDR-Führung nicht mehr, gewaltsam gegen die Zehntausenden Demonstranten im eigenen Lande vorzugehen. Kaum einen weiteren Monat darauf, am 9. November 1989, fiel mit der Mauer das größte und augenfälligste Symbol der Unfreiheit und der Bevormundung der Deutschen in der DDR.

Heute, 20 Jahre nach diesen Ereignissen, die Weltgeschichte geschrieben haben, und im 19. Jahr des wiedervereinigten Deutschland, ist es an der Zeit, inne zu halten und den Blick zurück zu wenden: Welche Entwicklungen hat Deutschland seit und aufgrund der Wiedervereinigung vollzogen? Hätte es Alternativen zu diesen Entwicklungen gegeben? Welche Fehler sind gemacht worden, welche gerade nicht? Günther Beckstein überblickt wie kein Zweiter dieses spannendste Kapitel der jüngsten deutschen und bayerischen Geschichte, in dem er in verschiedenen Funktionen und Ämtern seine ganz persönliche Rolle spielte.

Werner Endriss