„Vertonte Balladen 2.0“

Im Som­mer­se­mes­ter 2021 konn­ten wir im­mer noch kein Stück auf die Büh­ne brin­gen, aber das hat uns nicht da­von ab­ge­hal­ten, kre­a­tiv zu wer­den: Wir sind dem Gen­re „Ver­ton­te Bal­la­den“ treu ge­blie­ben und ha­ben wie­der un­se­re Stim­men, Ge­räu­sche und Sound­ef­fek­te ein­ge­bracht.

„Kna­be im Moor“

(Ver­to­nung: Jo­nas Frau­en­knecht)

Das Un­be­kann­te macht uns Angst. Vor al­lem die­sem ar­men Jun­gen, der ein Moor durch­schrei­ten muss. Eine Bal­la­de von al­ler­lei Wun­der­din­gen, die ihm im Wahn und den Dämp­fen des Moo­res er­schei­nen.

„Lore Lay“

(Ver­to­nung: Jo­nas Frau­en­knecht)

Der Ur­sprung der Sa­ge ei­ner si­re­nen­haf­ten Frau, die ar­me Schif­fer in die Stru­del des Rhei­nes lockt. Da­bei be­gann al­les doch nur mit Lie­bes­kum­mer.

„Das Ge­lüb­de der Tän­ze­rin“

(Chr. A. Tiedge, Ver­to­nung: Anna Hahn)

Bi­on­da – eine wil­lens­star­ke Schif­fe­rin, die ger­ne tanzt, ist die Haupt­per­son die­ser Bal­la­de. Ich ha­be sie mir – ich kann nicht ge­nau er­klä­ren, wie­so – als Pi­ra­tin vor­ge­stellt, die das Steu­er fest in der Hand hat. Aber das ruhi­ge Meer ist ihr zu lang­wei­lig, und so wünscht sie sich ei­nen Sturm her­bei, der dann auch kommt und ihr Schiff gründ­lich durch­ein­an­der­wir­belt. Um den Sturm zu be­sänf­ti­gen, ge­lobt sie der Son­ne, nie wie­der zu tan­zen, wenn ihr der Schiff­bruch er­spart bleibt. Auch dies­mal wird ihr Wunsch er­füllt, und so kann sie zu ei­nem si­che­ren Ha­fen fah­ren. Dort wird ge­ra­de ein Fest ge­fei­ert, so­dass sich die le­bens­fro­he Bi­on­da in ei­nem Zwie­spalt wie­der­fin­det: Gibt sie dem Drang nach, zu der fröh­li­chen Mu­sik zu tan­zen, oder hält sie sich an ihr Ge­lüb­de?

Die Ge­schich­te die­ser Bal­la­de hat mich so­fort an­ge­spro­chen, und ich ha­be ver­sucht, sie ab­wechs­lungs­reich zu er­zäh­len. Da­bei set­ze ich ne­ben mei­ner Stim­me Ge­räu­sche ein, die die Si­tu­a­ti­on le­ben­di­ger ma­chen.

„Belsatzar“

(Heinrich Heine, Ver­to­nung: Han­nes Pfef­fer­mann)

Die Bal­la­de er­zählt die Ge­schich­te des Kö­nigs glei­chen Na­mens, der sich in seinem Sie­ges­rausch der Plün­de­rung Ba­by­lons da­zu ver­lei­ten lässt, über die Gott­heit zu läs­tern und Kon­se­quen­zen er­fährt. Ge­ra­de die­sen Rausch und Über­mut, der sich in ihm auf­baut und sein Ur­teil trübt, ha­be ich ver­sucht, et­was ab­strak­ter dar­zu­stel­len und des­sen ab­rup­ten Hö­he­punkt zu un­ter­mau­ern. Eben­so soll der selbst­ge­schrie­be­ne ita­li­e­nisch­spra­chi­ge mu­si­ka­li­sche Ein­klang und Aus­klang der Ver­to­nung sich an einer kur­zen per­spek­ti­vie­ren­den Cha­rak­te­ri­sie­rung des Kö­nigs ver­su­chen: Ist er nun ein Narr, Mär­ty­rer oder gar Teu­fel?

„Das Lied von der Glocke“

(Fried­rich Schil­ler, Ver­to­nung: Edu­ard Kar­pen­ko)

In sei­nem klas­si­schen Ge­dicht ver­bin­det Schil­ler Na­tur, Kul­tur und Sitt­lich­keit mit dem Schaf­fens­pro­zess ei­ner Glo­cke und Si­tu­a­ti­o­nen, in de­nen sie uns im Le­ben be­glei­tet. Das 400 Ver­se lan­ge Ge­dicht (ca. 20 Mi­nu­ten) ha­be ich in ei­ner ver­kürz­ten Ver­si­on (ca. 4 Mi­nu­ten) ver­tont und da­bei ver­sucht, den Kern sei­nes Werks greif­bar zu ma­chen. Nicht nur ver­tritt er im Lied von der Glo­cke klas­si­sche Wer­te und heu­te ver­al­te­te Fa­mi­li­en­bil­der, son­dern dis­tan­ziert sich auch vom Sturm und den Es­ka­la­ti­o­nen der fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on. Als be­deu­tend­stes Ge­dicht Schil­lers mit un­zäh­li­gen bis heu­te ge­kann­ten Apho­ris­men ist es den­noch auch im 21. Jahr­hun­dert noch ak­tu­ell.