„Warten auf Godot“ – AMVi-Theater

„Warten auf Godot“ – Einladungsplakat

Sie sind gekommen, um Godot zu treffen, finden aber nur einen Baum vor. Was tun, mit dieser absurden Situation, wenn eine lebendige Person durch einen scheinbar toten Baum ersetzt wird? Sollen Wladimir und Estragon noch auf die Ankunft von Godot warten oder wieder fortgehen? Soll man, wenn man schon da ist, an der bedrückenden Langeweile zugrunde gehen? – Nein, unsere beiden Protagonisten bleiben hartnäckig und schaffen es, sich einen ganzen Abend lang über Wasser zu halten.

Das Stück ist ein existenzieller Kampf um gute Unterhaltung, festes Wissen, Selbstvertrauen, Hoffnung, Freundschaft, richtige Entscheidungen, die menschliche Identität und gegen die menschlichen Schwächen, sowie das Empfinden von Zeitlichkeit. Die mehrdeutige Poesie Becketts rundet das Werk ab.

Samuel Beckett wurde erst mit 47 Jahren durch „Warten auf Godot“ (1953) wirklich berühmt. Das Stück wurde seit der Uraufführung als absurdes Theaterstück verstanden, wurde damit schließlich zum Exemplarstück des absurden Theaters und ist heute ein vergleichsweise gar nicht so alter Klassiker.

Obwohl Beckett später eindeutig absurde Stücke schrieb, verwies er immer darauf, dass der immense Erfolg von „Warten auf Godot“ eigentlich auf einem Missverständnis beruhe – eines das er allerdings nie aufklärte. Der Philosoph Pierre Temkine weist erst im Jahre 2008 darauf hin, dass es sich bei dem Stück um die Geschichte zweier Juden im zweiten Weltkrieg handle, die auf einen Schleuser warteten.

Die Inszenierung schreitet auf der Schwelle zwischen absurdem und fiktionalem Theater, indem sie den Fokus auf Wladimirs Zweifel an der Realität lenkt. Dieser wird durch die anderen Figuren geschürt, während er dieselbe Wahrnehmung hat wie die Zuschauer. Das Werk „Warten auf Godot“ spiegelt also nicht nur immerwährende Existenzprobleme der Menschen wieder, sondern führt auch vor Augen, wie eine große Masse an Fake-News den Menschen um den Verstand bringen kann.

Der Eintritt ist frei!

Aufführungen

Freitag, 21. Juli 2017, 20.00 Uhr
Samstag, 22. Juli 2017, 20.00 Uhr
Sonntag, 23. Juli 2017, 18.00 Uhr

Im Saal der AMV Fridericiana, Glückstr. 3, 91054 Erlangen

Reservierungen unter Karten­+­+­amv.org oder unter 09131 22514

Mitwirkende

Wladimir Daniel Rothenbücher
Estragon Dimiter Konowalow
Pozzo Daniel Selényi
Lucky Martin Amendt
Junge Matthias Akstaller
   
Technik Julia Piecha
Regieassistenz Agathe Schmidt
Regie Florian Huber

Die Erlanger Nachrichten brachten am 25. Juli 2017 im Lokalteil diese Kritik:

Zwei Cowboys im Blazer und dazu eine Kokosnuss

AMV Fridericiana präsentierte Samuel Becketts „Warten auf Godot“ — Ein Abend voller Amusement und Sinnfragen

Auf der Bühne des AMVi-Theaters des Theaters der AMV Fridericiana in der Glückstraße wurde nun „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett aufgeführt. Ein Stück, das unter die Kategorie „Absurdes Theater“ fällt, und das spüren die Zuschauer auch.

Erlangen — Der kleine Raum des AMVi-Theaters ist voll besetzt, der größte Teil der Besucher sind Studenten der Universität, die hier auf Kommilitonen treffen. Die Stimmung ist sehr familiär, das zeigt auch die Ansprache des Regisseurs Florian Huber, der die Zuschauer begrüßt wie alte Bekannte.

Die kleine Bühne ist nur sparsam dekoriert. Doch wird während der Aufführung viel mit Licht und Ton gearbeitet, wodurch die Kostüme und die schauspielerischen Darstellungen ausreichend hervorgehoben werden. Daniel Rothenbücher und Dimiter Konowalow verkörpern die Figuren Wladimir und Estragon, die beiden Cowboys im Blazer, die auf Godot warten. Daniel Selényi und Martin Amend treten als Pozzo und Lucky auf.

Die schauspielerische Leistung war beeindruckend, das Stück hingegen, uraufgeführt 1952, eher gewöhnungsbedürftig und verwirrend, und das auch noch im Jahr 2017: Es geht schleppend voran und wird an manchen Stellen unnötig in die Länge gezogen. Dabei ist der Sinn des Ganzen nicht verständlich beziehungsweise stellt man sich die Frage, ob es überhaupt einen Sinn gibt. Denn obwohl die beiden Figuren Estragon und Wladimir eigentlich wissen, dass Godot nicht kommen wird, geben sie die Hoffnung nicht auf.

Trotz aller Abstraktion – zugegeben eine Eigenschaft des absurden Theaters – lässt sich festhalten, dass die Inszenierung des Theaterstücks kreativ und voller Abwechslung ist: Philosophische Weisheiten werden ausgetauscht, Fitnessübungen vorgeführt und immerzu wird eine Kokosnuss auf und von der Bühne gerollt.

Schock und Leid

Dies alles führt dazu, dass während der Aufführung viele Emotionen sichtbar werden: Auf der Bühne kann Erstaunen, Schock, Leid, Wut und Langeweile beobachtet werden. In den Gesichtern der Zuschauer ist einerseits Unverständnis und Verwirrtheit zu erkennen, aber andererseits auch Anerkennung, Bewunderung und viel Erheiterung. Insgesamt ergibt sich aus guten Schauspielern und einem absurden Theaterstück ein Abend voller Amusement und Sinnfragen, die man sich so lange stellt, bis es endlich Nacht wird …

Julia Hess, Erlanger Nachrichten vom 25. Juli 2017