Die Handlung zeigt zunächst eine Theaterprobe. Dann kommen aber sechs Personen auf die Bühne.
Der Theaterdirektor (gerät in Wut) Ich probe jetzt! Und
Sie wissen genau, dass während der Probe niemand herein darf. Wer sind die
Herrschaften? Was wollen Sie?
Der Vater (kommt, von den andern gefolgt, nach vorn) Wir sind
auf der Suche nach einem Autor.
Der Theaterdirektor Aber hier ist kein Autor, wir proben kein
neues Stück.
Die Stieftochter (eilt das Treppchen hoch) Umso besser, umso
besser, Herr Direktor! Dann könnten wir Ihr neues Theaterstück sein.
Es stellt sich heraus, dass die Sechs von einem Autor als Bühnenfiguren erschaffen, aber nicht vollendet wurden. Und nun wollen sie als Figuren zum Leben erweckt werden …
Der Autor Luigi Pirandello löste mit seinem Stück 1921 zunächst einen Skandal und dann internationale Begeisterung aus. Er berichtet von der Paradoxie eines Illusionstheaters und erzeugt dadurch selbst ein Paradoxon. Verblüffend.
Mutter | Andrea Lachnitt |
Vater | Klaus-Dieter Schuh |
Sohn | Christian Kallenbach |
Stieftochter | Silke Weller |
Junge Schauspielerin | Andrea Steinmetz |
Junger Schauspieler | Barbara Zenk |
1. Schauspielerin | Claudia Althammer |
Kleiner Junge | Florian Klein |
Madame Pace | Franziska Schleinzer |
1. Schauspieler | Matthes Egger |
Inspizientin | Nicole Simon |
Regisseurin | Katrin Schönbeck |
Regie | Fabian Guillery |
Maske | Michaela Bokholt |
Souffleuse | Iris Reinhold |
Technik, Bühne | Carsten Bokholt Hannes Egger |
Die Erlanger Nachrichten brachten am 29. Juli 1998 im Kulturteil folgende Kritik, wofür wir danken:
Was ist Leben, was Spiel, was ist Illusion, was Realität, und vor allem: was ist Wahrheit? Luigi Pirandellos Stück „Sechs Personen suchen einen Autor“ wirft, etwas bemüht zwar, aber nichtsdestotrotz klug artikuliert, all diese Fragen auf und thematisiert auf einer weiteren Bedeutungsebene gar die Vermittlung (respektive Vermittelbarkeit) von originärer und/oder falscher Authentizität auf der Theaterbühne. Weitere Fragen zu Sinn und Aufgabe der Schauspielkunst drängen sich darüber hinaus wie von selbst auf: Ist die Arbeit der Schauspieler nur artifizielle Gaukelei oder soll reelle Wahrhaftigkeit transportiert werden?
Ziemlich viel Prätention, die mit Leben zu füllen sich die Theatergruppe der AMV Fridericiana im Garten des Verbindungshauses in der Glückstraße vorgenommen hatte, und das ihr die meiste Zeit über auch gelang. Viel schauspielerische Energie wurde aufgewendet, um der etwas seminaristisch-papierenen Versuchsanordnung auf die Sprünge zu helfen: Andrea Lachnitt (als „Mutter“) und Katrin Schönbeck (als „Regisseurin“) legen viel Subtilität in die Gestaltung ihrer Rollen, formen Klischee-Standards ihrer Figuren zu glaubhaften Charaktereigenschaften um. Silke Weller legt ihre „Stieftochter“ mit pompöser Durchtriebenheit an, die Desillusioniertheit dieses Charakters drückt sie beeindruckend durch grimmigen Zynismus aus. Und Klaus Dieter Schuh (als „Vater“) ist primus inter pares: Er verkörpert millimetergenau seine Figur als pure Vorstellung, die sich ins Leben verirrt hat, beziehungsweise aus dem Leben heraus erdacht wurde.
Die theatralen Momente sind in dieser Inszenierung die besten: Die schweigende Familie, die plötzlich aus dem Nichts auftaucht und auf die Bühne schlurft; der Selbstmord des Mädchens und die Trauer der Stieftochter darüber, als Mini-Tableau entworfen, als Standbild im Bühnenhintergrund eingefroren; die Figuren als Schemen hinter dem Vorhang, Schatten ihrer selbst, Irritation zum Schluß, die Stieftochter tritt lachend die Flucht nach vorn an, war da was? Derweil die „Schauspieler“, die doch über soviel Lebenserfahrung und Empfindungsreichtum verfügen sollten, um Leben spielen zu können, über all dies nur verständnislos den Kopf schütteln, frechen Pennälern gleich nur ignorante Kommentare abgeben.
Spannend und eindrucksvoll war das, was die Fridericiana mit ihrer Pirandello-Version abgeliefert hat.
Manfred Koch, Erlanger Nachrichten