Oscar Wilde wurde am 16. Oktober 1854 in Dublin geboren und starb am 30. November 1900 in Paris. Bereits vor ersten Veröffentlichungen galt Wilde durch seine Selbststilisierungen als Wortführer einer neuen ästhetizistischen Bewegung, die das „L’art pour l’art“ zu ihrer Maxime erhob. Wildes provozierender Schönheitskult und sein amoralisch-antibürgerliches Leben erhoben den „Dandy“ zu einer Lebensform. Sein berühmtestes Werk, „Das Bildnis des Dorian Gray“ (1890), und seine exotischen romantisch-sentimentalen Märchen sind Ausdruck seiner Philosophie, nach der das Ich sich nur kraft subjektiver Empfindungen und Erfahrungen konstituiert. Auch Wildes Gesellschaftsdramen, die die viktorianische Gesellschaft angriffen, waren ein großer Erfolg. Wilde selbst scheiterte an seiner homosexuellen Liebe zu Lord Alfred Douglas, aufgrund derer er zu zwei Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde. (Aus: Harenberg Kompaktlexikon, Band 3, Harenberg Lexikonverlag, Dortmund, 1996)
Die Erlanger Nachrichten brachten am 29. Januar 2003 folgende Vorankündigung:
Die Feinheiten und das Intrigenspiel eines Boulevardstücks hat Oscar Wilde in Paris kennengelernt und in seinem Schauspiel „Der ideale Gatte“ virtuos angewandt. Die Theatergruppe der Studentenverbindung Fridericiana hat sich des Vierakters angenommen und zeigt ihre Inszenierung vom 31. Januar bis 3. Februar allabendlich um 20 Uhr in ihrem Haus in der Glückstraße 3.
Diese Gesellschaftskomödie handelt von Korruption, Erpressung, echten und falschen Tugenden und die Moral der britischen Aristokratie im Fin de Siècle. Sir Robert Chiltern sieht seine gesellschaftliche Stellung gefährdet, als Mrs. Cheveley auftaucht und ihn mit einem Brief erpressen will, der eine „Jugendsünde“ dokumentiert. Damals hat er ein Kabinettsgeheimnis verraten, ist dadurch zu Geld gekommen und hat darauf seine Karriere aufbauen können.
„Der ideale Gatte“ ist ein Beispiel für den brillanten Witz Oscar Wildes’. Das Stück erlebte im Januar 1895 seine Uraufführung in London.
Sir Robert Chiltern | Klaus-Dieter Schuh |
Lady Chiltern | Diana Kapfenberger |
Mabel Chiltern | Claudia Ascher |
Mrs Chevely | Ulrike Drechsler |
Arthur Goring | Ralph Werner |
Earl of Caversham | Christian Kallenbach |
Lady Markby | Jennifer Borrelli |
Countess of Basildon | Katja Bauer |
Mrs Marchmont | Sabine Bauer |
Vicomte Nanjac | Thomas Dinkel |
Mr Montfort | Hannes Egger |
Butler Mason | Stefan Schmid |
Butler Phipps | Florian Dietz |
Regie | Benjamin Pommerrenig |
Souffleuse | Christina Link |
Technik | Tobias Hopfner Florian Stadler |
Bühne | Florian Stadler u.v.m. |
Am 5. Februar 2003 brachten die Erlanger Nachrichten nach obigem Vorbericht auch noch folgende Kritik:
Londoner Salons betuchter Karriere-Bürger am Ende des 19. Jahrhunderts: Hier werden Spitzzüngigkeiten gewechselt, hier werden Boshaftigkeiten in gedrechselten Sätzen ausgespien, hier atmet die Luft Gemeinheiten. Und es werden Ränke geschmiedet und Liebeständeleien ausgetragen - aber zugleich wird auch die Moral beschworen. Also alles drin in Oscar Wildes Komödie „Ein idealer Gatte“.
Für die AMV Fridericiana ist Wildes 1895 uraufgeführtes Werk ein ideales Stück, denn hier kann das studentische Amateur-Ensemble seine ganz spezifische Stärke, nämlich die der subtilen Typenbezeichnung, bestens ausspielen und zur Geltung bringen.
Im Erdgeschoß ihres Verbindungshauses in der Glückstraße haben die Akteure einen bürgerlichen Salon – mehr angedeutet als ausstattungstechnisch durchkomponiert. Sofa, Stuhl, Tisch, Kaminattrappe und – zeittypisch bedingte – Gemäldescheußlichkeiten an der Wand, das war’s.
Das reicht auch, Plüsch im Bühnenbild ist nicht angesagt bei einem Stück, in dem auch die Figuren keinen Plüsch im Munde führen, sondern betont freundlich Gift verspritzen. Oscar Wilde hat da seinerzeit genau aufgepaßt und hingehört bei seinesgleichen.
Allenfalls die Kostüme sind prachtvoll, doch sie dienen – wen wundert’s – nicht so sehr als Augenfreude, sondern vor allem der Ummantelung der Physis von Tratschweibern, Müßiggängern und Betrügern.
Regisseur Benjamin Pommerrenig läßt bestens aufgelegte Darsteller auflaufen, die mit Lust an der bösartiger Verstellung agieren. Und es wird mit solch scharf- und doppelzüngiger Verve parliert, daß es eine wahre Freude ist. Die AMV’ler spielen, selbst noch in den kleinsten Nebenrollen, Merry-Old-England-Typen mit und ohne Charakter mit beeindruckend subtiler Schlitzohrigkeit.
Das ist gekonnt, das ist engagiert, das macht Spaß beim Zuschauen. Gefahren überambitionierter Verkünstelung drohen hier nicht. Wildes ätzende Dialoge und das ironische Spiel der Schauspieler machen eine im Grunde textlastiges Konversationsstück zu einem funkelnden Kömodienreigen.
Manfred Koch
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Bilder von Florian St., gescannt von Stefan Sch.; dankeschön!