SV-Fest 2007 in Sondershausen

Schlussapplaus bei der Aufführung unserer Theatergruppe beim SV-Fest. Bild von Ralf E.; danke!

Programm des SV-Festes 2007 in Sondershausen

Freitag, 25. Maiab 16 Uhr: Check-In im Festbüro (Wagenhaus am Marstall)
 20.00 Uhr: Offizielle Eröffnung des SV-Festes auf dem Marktplatz
 anschließend: Begrüßungsabend auf dem Marktplatz
Samstag, 26. Mai10.00 Uhr: Festakt im Festzelt vor dem Marstall
 13.00 Uhr: Eröffnung der SV-Ausstellung
 16.00 Uhr: Kammerkonzerte und Theateraufführung
 20.00 Uhr: Festkommers im Festzelt
Sonntag, 27. Mai11.00 Uhr: Totenehrung am SV-Ehrenmal
 15.00 Uhr: Festkonzert in der Trinitatiskirche:
L. v. Beethoven: Symphonie Nr. 5 c-moll
Ausschnitte aus G. Bizet: „Carmen“
 19.30 Uhr: Festfoto auf der Schlosstreppe
 20.00 Uhr: Festball mit Buffett im Marstall
Montag, 28. Mai11.00 Uhr: ökumenischer Festgottesdienst in der Trinitatiskirche
Ch. Gounod: Cäcilienmesse

Eine ganze Reihe von Bildern sind in der Bildergalerie zu finden.

Auch die Theatergruppe der AMV Fridericiana Erlangen bestritt eine Aufführung, nämlich einige Szenen von Lutz Hübners „Gretchen, S. 89 ff.“. Hier die Kritik:

Es ist so schwül, so dumpfig hie, …

Lutz Hübner: „Gretchen, S. 89 ff.“, so ist es im Vademecum zum Verbandsfest 2007 angekündigt. Theateraufführung AMV Fridericiana Erlangen i. SV. Man fragt sich, was das denn sei? Anscheinend Eingeweihte munkeln etwas von Theaterkabarett oder so. Ob das was werden könne, fragt ein Bundesbruder, noch sichtlich mitgenommen vom vorabendlichen wohl allzu emsigen Zechen an der alten Sondershäuser Wache. SV-festliche Anlässe forderten nun einmal Tribut, gibt er grantig zu verstehen. Manch Jung-AH muss es sich gelegentlich eben doch noch beweisen. Wer zechen kann, der kann auch zur Kultur, vom breiten Stein nicht gewankt und nicht gewichen! Der letzte zögerliche Einwurf des jüngeren Bundesbruders, er werde bei diesem warmen Wetter sicherlich einschlafen und das werte Publikum durch Schnarchen stören, wird mit einem schlagenden Argument entschärft. Die AMV Erlangen hat bei früheren vergleichbaren Veranstaltungen noch nie Anlass zu Schlaf gegeben.

So sitzt man nun gespannt im leider nicht ganz gefüllten Liebhabertheater im Schloss. Den Saal meint man eigentlich auch schon einmal in besserem Zustand gesehen zu haben. Manches Detail verleitet zu Spekulationen über dessen mittelfristige Haltbarkeit. Doch solche Gedanken finden nicht lange Raum, denn es beginnt das, was man vom bevorstehenden Stück bisher noch nicht hatte – eine Vorstellung.

Eine Gestalt tritt auf, die sich als Leiter eines Experimentes mit verschiedenen Menschen zu erkennen gibt. Inhalt des Experiments werde sein, die Kästchenszene mit Gretchen aus Goethes „Faust“ – eben genau ab Seite 89 ff. – in unterschiedlicher Weise geprobt zu sehen. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als Last, Lust, Leid und Qual mit der Einstudierung dieser einen Szene. Dessen sollen wir nun also teilhaftig werden. Und die ironische Ernsthaftigkeit des Ansagers lässt durchblicken, es handle sich durchaus um eine Folge eigentlich heiterer Episoden.

Und diese beginnen offenbar mit einer Anfängerin. Zunächst werden wir mit schauspielerischer Aufwärmgymnastik und einer akribischen Sprechübung „Balaba-Balabe-Balabi-Balabo-Balabu“ eingestimmt. Das Publikum erlaubt sich bereits hier Heiterkeit. Es folgt das, was sich noch mehrfach wiederholen wird: „Es ist so schwül, so dumpfig hie …“. Wie wahr! Gelächter bricht spätestens beim entnervten Augenverdrehen des Regisseurs mit Joseph-Beuys-Attitüde aus, als die Elevin zum dritten Mal vor ihrem Einsatz die gewissermaßen theatersportliche Vorübung mit Armkreisen und Zungenlöser darbietet. Als der Regisseur schlussendlich einen Zornanfall angesichts der prima Ideen der Elevin hat, ist das Eis endgültig gebrochen.

In einer weiteren Szene weckt ein Schmerzensmann arge Verwunderung, als er begreiflich zu machen versucht, die Interpretation von „es ist so schwül, so dumpfig hie …“ müsse fleischlich gedacht werden. Gretchen habe mit ihrem Leben abgeschlossen, die sei fertig und am Ende. Der Mangel an Verständnis beim Publikum wird erfreulicherweise direkt im Spiel der Darstellerin von Gretchen widergespiegelt. Sie versteht es auch nicht, gibt aber am Ende einen überzeugenden Anfall von Wahnsinn zum Besten. Der immerhin scheint dem Schmerzensmann einigermaßen zur Befriedigung auszureichen. Die eigentliche Szene tritt nahezu gänzlich in den Hintergrund beim Auftritt der Diva. Wie – der Herr Regisseur kochen den Kaffee selbst? Dafür habe er doch einen Assistenten! Kein Taxi, keine Garderobe, rauchen verboten? Oh, welche Provinz! Der Regisseur, ein scheues Häuflein Elend hinducket zage, denn: „es ist so schwül …“. Man leidet mit, mag unwillkürlich selbst den Kopf einziehen, in Erwartung der nächsten Allüre.

Dafür darf man das zuvor scheue brave Männlein in einer folgenden Szene mit Lederjacke bekleidet auf dem Sofa lümmelnd sehen. Die Schuhe hat er freilich anbehalten und dazu Musik von Black Sabbath, die zum Amüsement manchen Zuschauers mutmaßlich doppelt so alt ist wie der Darsteller selbst und Erinnerungen an die eigene, natürlich wilde Jugend beschwört. Der fordert von seiner Grete, sie müsse bei „so schwül, so dumpfig hie …“ mehr wahre harte Gefühlstiefe bringen, am besten aus der Erinnerung an den Tod ihres Großvaters. Und überhaupt sei das alles zu sanft und müsse rauher, faschistischer wirken – naja. Man mag nicht fassen, dass es sich um dieselbe Person handelt, die sich noch unter der Diva duckte. Der Streicher läßt von der Szene praktisch nichts mehr übrig und zieht sich so den massiven Unwillen seines Gretchens zu, für die letztlich nur noch ein einziger Satz übrig bleibt, der weder „schwül“ noch „dumpfig“ überhaupt enthält. Das ist ihr begreiflicherweise zu wenig. Auch das Publikum stellt sich hörbar die Frage, ob denn nicht die noch verbliebenen Reste der Szene auch noch gänzlich entbehrlich wären.

Der Mann vom Tourneetheater kennt offenbar das Geschäft schon lange und dieses ihn. Da gibt es keine Illusionen mehr und vor allem keine großen Aufwände. Epochales Theater ist von ihm nicht mehr zu erwarten und wird es auch nicht. Wie jedoch macht er seiner jungen und noch ehrgeizigen Darstellerin des Gretchens klar, dass es ihn nicht nach Lorbeer, geschweige denn nach „schwül und dumpfig …“ gelüstet, sondern vielmehr danach, mit dem jungen Blut zusammen möglichst rasch ins Café zu kommen und es sich dort gemütlich zu machen. Und das Publikum? Gluckst, kichert, lacht schallend, leidet mit, schwitzt vor sich hin, ringt nach Atem und ist am Ende doch verwundert, eigentlich nur Theater gesehen zu haben. Diese Darbietung bereitet einfach Vergnügen. Man glaubt das, was dort auf der Bühne geschieht einfach, als wäre man dabei, als sei's kein Spiel. Und ganz besonders reizvoll daran ist, praktisch jeden Akteur in unterschiedlichen Rollen zu sehen. Freilich, das Stück gibt's ja auch her und ist dankbar für fast jede beliebige Art der Interpretation. Aber gemacht werden muss es immerhin doch. Der Theatergruppe der AMV Fridericiana Erlangen ist dies jedenfalls trefflichst gelungen. Es bleibt zu wünschen nichts mehr übrig außer: Bitte auch in Zukunft noch mehr davon! Und am Rande sei bemerkt, der junge Bundesbruder wollte sich an seine Befürchtungen hinsichtlich Einschlafens anschließend nicht mehr erinnern.

Franz Hartmann (DA)

Auch hierzu gibt es eine ganze Reihe von Bildern in der Bildergalerie.