Paukkastenverwaltung

Anweisung für den Paukkastenverwalter

Von etwa 1886 bis zum Verbot 1936 war die Fri­de­ri­ci­a­na fa­kul­ta­tiv schla­gend, d.h. ein Fux/Bursch muss­te zwar kei­ne „Be­stim­mungs­men­su­ren“ fech­ten, um ge­burscht/phi­lis­triert zu wer­den, aber doch bei ver­bin­dungs­über­grei­fen­den Pro­vo­ka­ti­o­nen an­tre­ten. Wie die üb­li­chen Ver­let­zun­gen ver­sorgt wur­den, zeigt die­se An­wei­sung.

AN­WEI­SUNG FÜR DEN PAUK­KAS­TEN­VER­WAL­TER
Vor der Par­tie sind bei A.H. Opp in der Oh­ren­kli­nik die ste­ri­len Tup­fer zu be­sor­gen, die bei Nicht­ge­brauch so­fort wie­der zu­rück­zu­brin­gen sind. Es ist nach­zu­se­hen, ob ge­nü­gend Kom­pres­sen, Mull­bin­den, Wat­te, Zell­stoff, Näh­sei­de, Cat­gut, Na­deln, Klam­mern, Jod­tink­tur, Jo­do­form und Al­ko­hol, so­wie Brenn­spi­ri­tus und So­da (zum Aus­ko­chen der In­stru­men­te) vor­han­den sind.
Bei Be­ginn der Par­tie müs­sen 2 Schüs­seln mit war­mem Was­ser her­ge­rich­tet wer­den, eine zum Hän­de­wa­schen mit Sei­fe und Bürs­te, die an­de­re für die Sub­li­mat­lö­sung. Das eine vier­ecki­ge Becken dient zum An­feuch­ten der Tes­tier­ma­te­ri­a­li­en. Hier­zu ver­wen­det man am bes­ten Sub­li­mat- oder Oxy­cy­a­nat­pas­til­len. Da sie nicht ohne Re­zept zu er­hal­ten sind, müs­sen sie von einem A.H. ver­schrie­ben wer­den (A.H. Opp oder Bbr. Roth in der Chi­rurg. Klin.)
In das Ei­ter­becken kommt Al­ko­hol zum Des­in­fi­zie­ren der In­stru­men­te. Der Hel­fer muß sich eben­falls die Hän­de wa­schen wie der Arzt, d.h. erst et­wa 5 Mi­nu­ten mit Kern­sei­fe bürs­ten, dann mit Sub­li­mat­lö­sung. Nach der Par­tie sind die In­stru­men­te aufs SORG­FÄL­TIGS­TE zu trock­nen, wo­zu sie so­weit dies geht aus­ein­an­der­zu­neh­men sind.

Wann die­ser lo­se Zet­tel ge­schrie­ben wur­de, lässt sich nicht mehr ge­nau fest­stel­len, aber die Le­bens­da­ten der er­wähn­ten Bun­des­brü­der deu­ten auf die Zeit um 1930 hin: Der un­ter­stüt­zen­de AH Al­fred Opp war von 1929 bis 1935 As­sis­tenz­arzt an der Hals-Na­sen-Oh­ren­kli­nik in Er­lan­gen. Der eben­falls er­wähn­te Al­brecht Roth trat im Win­ter­se­mes­ter 1925/26 in die Ver­bin­dung ein.

Den damaligen Stand der Medizin kann man gut verfolgen: Catgut war re­sor­bier­ba­res Nähmaterial aus Rinderdarm (noch in Benutzung bis etwa 2001). Jo­do­form diente zur Wunddesinfektion, trocknete die Wunde, stillte kleinere Blu­tun­gen und verminderte die Wundschmerzen. Mit „Sublimat“ ist wohl das an­ti­sep­ti­sche Quecksilber(II)-Chlorid gemeint, und „Oxycyanatpastillen“ dürf­ten aus dem ebenfalls keimreduzierenden Quecksilberoxyzyanid bestanden haben.

Horst G.